Schönes Haus

Nadelberg 6

Auf der Terrasse oberhalb des Birsigs – eine der repräsentativsten Wohnlagen in Basel – inmitten der grossen Höfe der Oberschicht liegt das Schöne Haus. Wie beim benachbarten Zerkindenhof reichte die Parzelle bis an die Stadtmauer entlang des Petersgrabens. In ihrer Mitte befand sich freistehend die Hofstatt, wie es dem Typus der mehrere Meter von der Strasse entfernt gebauten Adelshöfe entspricht. 

Sein auf 1271 datierbares Dachwerk erweist, dass das Schöne Haus das Erdbeben überstanden hat. Erbaut wurde es von Konrad (1259-1305), einem Ratsherr aus einer gut situierten Familie von «institores» resp. Krämer oder Händler, die als Wohltäter der Peterskirche auch dort ihr Grab fanden. Erstmals 1280 wurde Konrad als Besitzer des Hauses erwähnt, später dann als «Conradus dictus zum Schoenen huse». Nachdem er 1301 die Burg Hertenberg bei Lörrach erworben hatte, nannte er sich «von Hertenberg», womit sein Aufstieg in die Schicht der Adligen besiegelt war. Er erhielt beim Bischof Lüthold von Aarburg (+1213) das Amt des Brotmeisters (panetarius). Die Tatsache, dass er mit einer beträchtlichen Summe auch als Leihgeber des Bischofs fungierte, erweist seine finanzielle Potenz. Dank dieser war es ihm auch möglich, sich ein Wohnhaus der Superlative zu bauen: Einen gross dimensionierten Steinbau, dessen zwei untere Geschosse jeweils einen gross dimensionierten Festsaal umschlossen. 

Ihre Ausstattung findet kaum ihresgleichen, da wurden keine Kosten gescheut. Nicht nur erhielten die Räume an den Giebelseiten spitzbogige Masswerkfenster; sie waren an Decken und Wänden reich ausgemalt. Erhalten hat sich die einzigartige Dekoration der Balkendecke im hinteren Teil des Festsaals im Erdgeschoss. Sie gehört zu den wenigen erhaltenen Profanmalereien des 13. Jahrhunderts und entfaltet auf den Deckenbalken einen grossen Reichtum von Motiven in Rot und Schwarz. 

Die Unterseiten der Balken tragen Ornamentbänder, die Flanken 267 Bildfelder, die in der Art der Quadermalerei aneinandergereiht sind. Ornamente und figürliche Darstellungen wechseln sich dabei ab. 

Um die Ambitionen des Erbauers zu betonen, liess er in den Bildschöpfungen Szenen darstellen, die seine Nähe zum Rittertum ausdrücken sollten wie Szenen von Kämpfen unterschiedlichster Art: Turnierszenen, Gepanzerte gegen Ungeheuer, wilde Tiere gegeneinander. Auch seine Weltläufigkeit stellte er unter Beweis, indem er Motive aus den «Mirabilia» abbilden liess, die – basierend auf antiken Autoren - ihren Ursprung in den „Weltbeschreibungen“ (Kosmographien) des Mittelalters hatten. So findet sich hier ein riesiger Kosmos aus unterschiedlichen Bereichen des Kampfes und von grotesken Misch- und Fabelwesen und Tieren, die auf sagenhafte Erzählungen zurückgehen. 

Im Saal darüber im ersten Obergeschoss ist die Bemalung seiner Deckenbalken mit Ornamenten noch rudimentär erkennbar. Besonders beachtlich ist der dort in drei Teilen aufgefundene und wieder eingefügte mit Wappen bedeckte Balken, der quer darunter angebracht ist. Die Betonung des Heraldischen zeigt auf, wie bedeutungsvoll gerade dieses Element für den erst später geadelten Bauherrn Konrad war. Im Raum daneben wurde als Relikt aus dem 1956 abgebrochenen Bärenfelserhof ein Täferraum mit Kielbogenzier zu einer Bibliothek umgenutzt.

Der Achtburger Dietrich aus der Münzmeisterfamilie Sürlin übernahm 1378 die Anlage. Unter dieser Familie wurde das Vorderhaus spätestens gegen 1410 errichtet. Später hielt der Drucker Johannes Herbst (Oporinus, 1507-1568) Einzug. Auf den Buchdrucker folgten stadtpolitische Schwergewichte wie Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein (1594-1566), der von 1661 bis zu seinem Tod dort wohnte. Dank seiner Initiative und seines Verhandlungsgeschicks erlangte die Eidgenossenschaft im Westfälischen Frieden 1648 ihre Unabhängigkeit vom deutschen Reich.

Auch im Vorderhaus hat sich Bemerkenswertes der Ausstattung erhalten: so eine mit Bettelmusikanten ausgemalte Ofennische aus dem 15. Jahrhundert. Durch den Schaffner von St. Alban, Johann Jacob Rüdin (1601-1652), wurde zwischen 1624 und 1644 der Treppenturm errichtet, den der «Weissbeck» Andreas Karger (1641-1703) mit der Jahreszahl 1686 und seinem Wappen schmückte. Aus diesem Jahrhundert stammt im zweiten Obergeschoss ein mit Sichtbalken gedecktes Sommerhaus – das heisst ein grosser Vorraum –, das noch immer mit seinem originalen Tonplattenboden und mit blaugrauen Grisaillerankenwerk ausgestattet ist. Neue Besitzer waren der Vogt zu Homburg und zu Kleinhüningen, der Jurist Jacob Christoph Frey (1688-1744) und seine Frau Susanna Burckhardt (1697-1766).

Wie bei den Nachbarbauten wurde im 18. Jahrhundert barock modernisiert; darauf geht die Stuckdecke im ersten Obergeschoss zurück, verziert mit symmetrischem Rankenwerk und den durch exotische Vögel symbolisierten vier Jahreszeiten in den Ecken. Der folgende Besitzer, Seidenbandfabrikant Johann Jakob de Bary (1713-1801), passte die Strassenfassade dem Zeitgeschmack an. 

1864 baute die Gesellschaft des Christlichen Vereinshauses das «Capellenhaus» genannte Haupthaus zu einem Vereinslokal um. Gut hundert Jahre später erfolgte ab 1966 der Umbau der Örtlichkeiten für die Nutzung durch die Universität. Heute befindet sich darin das Englische Seminar, das regelmässig auch zu Aufführungen in seinem mit einem beeindruckenden Gewölbe ausgestatteten Kellertheater einlädt.